Freundschaft und die Sache mit der Prio

„sorry, aber ich habe gerade soviel um die Ohren, ich schaffe es nicht zu telefonieren.“ Wir kennen es vermutlich alle. Und wir wissen auch, dass man trotzdem verdammt viel auf die Reihe kriegt, wenn man es denn will. Wenn einem etwas am Herzen liegt. Oder auch wenn man mit Konsequenzen rechnet. Der unangenehmste Fall – ein Anruf aus dem Krankenhaus mit dem Namen eines geliebten Menschen – und plötzlich geht alles.

Das Zauberwort… heißt Priorität.

„Es gibt gerade wichtigeres in meinem Leben als mit dir zu reden“ klingt halt nicht so nett. Wäre aber oft ehrlicher. Und der Klarheit in einer wie auch immer gearteten Beziehung sehr zuträglich, auch und gerade mit sich selbst. Aber es braucht Mut – das zu denken und auszusprechen.

Echte, tiefe Freundschaften können diese ehrliche Distanz normalerweise ganz gut ab. Es braucht keinen permanenten Austausch, wenn das innere Gefühl passt, passts. Und wenn sich das restliche Leben ne Weile vordrängt, dann ist es halt so. Wenn ich nach nem Jahr Funkstille meine liebe Freundin Ute wieder sehe, kichern wir nach wenigen Minuten schon wieder gemeinsam über gar nicht ausgesprochenes. DAS gibt das wundervolle Gefühl einer echten Freundin nahe zu sein.

Aber manchmal passiert das eben auch zu lange. „Eigentlich sollte ich mich mal wieder bei Daniela melden, aber sie meldet sich ja auch nicht.“ Und plötzlich ist der letzte Kontakt 3 Jahre her. Nagt das schlechte Gewissen manchmal?

Freundschaften auf den Prüfstand

Ich habe einen Vorschlag: Stell diese Freundschaft doch mal – wie ein in die Jahre gekommenes Auto – auf die Hebebühne und betrachte sie ausgiebig von allen Seiten. Was fehlt? Fehlt mir der Mensch? Wenn ja, was genau? Warum schätze ich diesen Menschen? Oder was nervt mich? Vermeide ich den Kontakt vielleicht unbewusst, weil die Person mir Energie raubt? Weil ich immer nur als Schulter zum ausheulen gebraucht werde? Oder ist es nur noch die Gewohnheit „Ich kenn ihn halt schon so lange?“.

Unsere Zeit ist begrenzt. Und es ist wertvoll sich von Beziehungen, die zur Last werden oder ihren Wert verloren haben, bewusst zu trennen. Das muss nicht im Bösen sein. Wie wäre es mit einem Abschiedsbrief? „Vielen Dank für Deine Freundschaft und die wundervollen gemeinsamen Zeiten. Unsere Wege scheinen sich zu trennen… “ Oder so. Ob Du das dann abschickst oder nicht wirst Du am Ende des Briefes wissen.

Aber manchmal ist es auch das fehlende Bewusstsein. Der Alltag drängelt sich einfach zu oft dazwischen. Anderes ist eiliger und so ziehen die Jahre ins Land. Im Beruf ist es doch oft genauso. Das Dringende drängelt sich so lange vor, bis das Wichtige sich erledigt hat oder ebenso dringend geworden ist. Aber wollen wir das?

Wichtig zählt mehr als dringend.

Grundlegende Regel im Zeitmanagement. Gilt im geschäftlichen wie im privaten. Doch wenn die Nachricht aus dem Krankenhaus kommt, ist es zu spät. Dringendes wird nie aufhören zu quengeln. Das Wichtige bleibt oft still und sitzt traurig in der Ecke.

Überleg mal: welche Freundschaften liegen Dir wirklich am Herzen und bekamen viel zu wenig Priorität eingeräumt in der letzten Zeit.
Manchmal reicht schon eine kurze Email mit den Worten „Ich vermisse Dich“…

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